Skip to main content

10. Januar 2025

Gesellschaftliche Haltung und Werte-Diskussion als Bestandteil im Strategischen Prozess des Unternehmens?

Spread the word

Das politische Geschehen und gesellschaftliche Veränderungen in Deutschland und weltweit beschäftigen uns, wühlen uns auf – 2024 in weit höherem Maße als die Jahre davor. Wir haben uns daher die Frage gestellt: muss das, was politisch und gesellschaftlich passiert, nicht auch in einem Strategieentwicklungsprozess explizite Beachtung finden?

 Unsere Antwort darauf ist: ja! Wie wir uns das vorstellen und worüber wir nachdenken, hier als Blog zum Beginn eines vermutlich ereignisreichen Jahres.

Vier Perspektiven auf die Treiber von Wandel und Innovation

Am Anfang der Entwicklung einer zukunftsorientierten Unternehmensstrategie ist ein wichtiger Teil im gesamten Vorgehen schon immer die Frage: "Warum müssen wir als Unternehmen 'weg von hier', - 'Welche Einflüsse erzwingen, dass wir uns als Unternehmen verändern'?" Zur Beantwortung nehmen dann unsere Teilnehmergruppen/Strategieentwickler*innen vier Perspektiven ein:

  1. Innere Treiber der Veränderung: Finanzen, Mitarbeiter*innen, Führung, Organisation, Strukturen und Prozesse …
  2. Externe Treiber: Wettbewerber, Kunden, Kooperationspartner…
  3. Game Changer: in Forschung, Technik, Industrie …
  4. Politische und gesellschaftliche Einflüsse: Politik, Gesellschaft, Gesetzgebung …

Politik und Gesellschaft: Die unterschätzte Dimension in der Strategieentwicklung

Hochgradig sensibilisiert und beunruhigt durch die aktuellen politischen Verwerfungen in USA, Europa und in Deutschland ist mir als Strategieberater folgendes bewusst und deutlich geworden: die Diskussion zu allen Inhalten der ersten drei Perspektiven ist immer sehr energetisch, inhaltlich professionell und manchmal sogar leidenschaftlich geführt worden. Das Maß an Professionalität und Emotionalität in diesen Diskussionen hat signalisiert: "Hier geht es ums Eingemachte", "Wir geben diesen drei Perspektiven eine extrem hohe Bedeutung".

Im Unterschied dazu sind bisher die Diskussionen um Perspektive vier – also die Auswirkungen und Relevanz der Aspekte Politik, Gesellschaft, Gesetzgebung usw. zwar inhaltlich interessiert, aber im Vergleich doch emotional distanziert geführt worden. Im Nachhinein signalisiert dies: das Thema ist zwar wichtig, hat aber weniger unmittelbare Bedeutung für uns als Unternehmen und für uns als Menschen im Unternehmen.

Es mag sein, dass in der Vergangenheit diese Bedeutungszuweisung tatsächlich angemessen war: vielleicht war es energiesparend oder einfach nicht nötig, sich in einem überwiegend als stabil wahrgenommenen Umfeld vertiefte Gedanken darüber zu machen, ob und wie man sich als Unternehmen gesellschaftspolitisch explizit positionieren will oder soll. Wenn wir Demokratie als selbstverständlich und gegeben sehen, braucht es scheinbar keine ausdrückliche Erklärung zur eigenen politischen Position.

Zivilgesellschaftliche Verantwortung: Von der Randnotiz zum zentralen Thema

Aber heute? Als Strategieberater begleiten wir Unternehmen dabei, sich bewusst Gedanken über "das größere Ganze", über mögliche Szenarien in der Zukunft zu machen und sich ebenso bewusst und fokussiert auf diese wahrscheinliche Zukunft hin auszurichten. Die Strategieentwicklung Methoden, die wir anwenden, müssen daher die Rolle der Zivilgesellschaft (Civil Society) stärker berücksichtigen.

Wir werden deshalb zukünftig in unseren Strategieprozessen das Thema gesellschaftliche Entwicklung und Politik sehr viel bewusster und auch prominenter in die strategischen Überlegungen der Unternehmen und ihrer Strategieentwickler*innen einbringen, indem wir z.B. fragen:

  • Welche Rahmenbedingungen (Handelskonflikte, Sanktionen oder veränderte Zölle …) beeinflussen derzeit am stärksten die politische und zivilgesellschaftliche Lage in unseren wichtigsten Märkten, Produktionsstätten, Transportrouten …?
  • Wie verändern sich politische Mehrheiten / gesellschaftliche Strömungen und die politische Kultur in unserem Heimatland und unseren Zielländern?
  • Welche Veränderungsimpulse werden unseren Markt und unser Unternehmen vermutlich massiv beeinflussen?
  • Wie wirken sich gesellschaftspolitische Veränderungen auf unsere kurz- und langfristigen (strategischen) Unternehmens-Ziele aus?
  • Wie wollen / müssen wir – angesichts dieser Bewertung – unsere Strategie entwickeln und umsetzen?

Das bisher Gesagte war die stärkere methodische Einbindung und Gewichtung der politischen Perspektive in die Strategieentwicklung.

Warum Unternehmen Haltung zeigen müssen – jetzt mehr denn je

Aufgrund der jüngsten Entwicklungen schätzen wir es jedoch als gesellschaftspolitisch dringend notwendig ein, das Thema "Haltung von Unternehmen zur gesellschaftlichen Grundordnung" viel deutlicher in eine Diskussion der Unternehmenswerte mit aufzunehmen. Folgende Fragen könnten diese Diskussion anleiten:

  • Welche zentralen Werte unserer gesellschaftlichen Grundordnung prägen unsere Unternehmenskultur?
  • Wie beeinflussen unsere Produkte oder Dienstleistungen das gesellschaftliche und politische Umfeld, und welche gesellschaftliche Verantwortung leitet sich daraus für uns ab?
  • Welche politischen Prinzipien (z. B. soziale Gerechtigkeit, Diversität, Nachhaltigkeit, Demokratie …) sind für uns als Unternehmen von großer Bedeutung?
  • Wollen wir als Unternehmen für bestimmte gesellschaftliche Themen und Anliegen aktiv eintreten oder uns positionieren?
  • Wollen wir unsere Unternehmensziele mit unserem Engagement für bestimmte politische oder soziale Bewegungen verknüpfen?
  • In welchen gesellschaftlich-politischen Debatten möchten wir eine aktive Rolle spielen, und welche Standpunkte vertreten wir dabei konkret?

Unternehmen als Plattformen für eine konstruktive Werte-Debatte

Vermutlich wäre dies von Unternehmensseite ein unglaublich wichtiger und wertvoller Beitrag dazu, dass sich Menschen nicht nur zufällig und beiläufig Gedanken über diese Themen machen. Sondern ein eindeutiges Signal, dass diese Auseinandersetzung in unserer Verantwortung als Unternehmerinnen und Staatsbürgerinnen verankert ist. Und es eben nicht beliebig ist, ob wir in diese Diskussion einsteigen, sondern ein relevanter zivilgesellschaftlicher und auch ein absolut wirtschaftlich relevanter Beitrag ist, den Unternehmen und einzelne Menschen leisten können.

Angesichts des Erstarkens der radikalen Ränder, des massiv destruktiven Einflusses von sozialen Medien und der Erosion unserer freiheitlich-demokratischen Werte-Grundordnung ist bürgerliches Engagement eine sinnvolle Antwort. Und aus unserer Sicht sind die Unternehmen, Forschungsinstitute und Verwaltungen geeignete und wichtige Plattformen, um dieser Diskussion einen konstruktiven Rahmen zu geben.

Gemeinsame Werte als Basis für Sicherheit und Zusammenhalt

Außerdem: Es vermittelt Menschen Sicherheit und das Gefühl, dass sie Mitglied in einer Gemeinschaft sind, die auch in Zukunft ein gemeinsames Wertefundament haben wird. Dies ist besonders wichtig in einer pluralistischen Gesellschaft, wo verschiedene Interessen und Ansichten koexistieren müssen.

Um eine effektive Strategie zu erstellen, müssen Unternehmen nicht nur eine gründliche Unternehmensanalyse und Marktanalyse durchführen, sondern auch ihre Rolle in der Zivilgesellschaft reflektieren. Dies erfordert eine lernende Organisation, die offen für Zukunftstrends ist und ihre Wettbewerbsvorteile nicht nur aus wirtschaftlicher, sondern auch aus gesellschaftlicher Perspektive betrachtet.

Eine erfolgreiche Strategie Unternehmen zu entwickeln bedeutet heute, die Stakeholder-Kommunikation zu verbessern und die Kundenbedürfnisse im Kontext größerer gesellschaftlicher Veränderungen zu verstehen. Unternehmen müssen sich als aktive Akteure in der Zivilgesellschaft positionieren und ihre Strategiemodelle entsprechend anpassen.


Kennen Sie diesbezüglich Best Practices? Und wir freuen uns über Ihre Gedanken und Kommentare.

Und besuchen Sie uns gerne auch auf www.to-change.de


Über den Autor

Thomas Huber. Versteht, dass sich Menschen, Teams und Unternehmen nur gemeinsam entwickeln und entsprechend systemisch ist seine Beratung. Mit Genuss und Neugier hat er eine ziemliche Expertise in allen drei Feldern entwickelt. Neben Strategieentwicklung, Changeprozessen und Teamentwicklung ist die Künstliche Intelligenz in all ihren Anwendungsformen sein Steckenpferd - nicht nur in der Strategieberatung.

Gute Führung beginnt hier.