In unserer Miniserie zum Thema „Verantwortung“ beleuchten wir heute ein spannendes Praxisbeispiel aus der Fertigungsindustrie, das zeigt, wie entscheidend die Entwicklung eines erweiterten Verständnisses von Verantwortung auf verschiedenen Ebenen ist.
Diesmal: Wie ein Werkleiter und sein Team von Segmentleitern lernen, Verantwortung ganzheitlich und strategisch zu handhaben.
Ausgangslage: In einem Fertigungswerk mit 500 Mitarbeitern stand der Werkleiter unter enormem Druck. Die Fertigungskosten waren höher, die Innovationsrate niedriger und die Produktionsumstellungen langsamer als in anderen Werken des Unternehmens. Auch die Auslastung innerhalb des Führungsteams zeigte große Unterschiede. Woran lag das?
Die Herausforderung: Verantwortung neu denken
Was wir hier erleben, ist der typische „vertikale“ Verantwortungsansatz: Jeder Bereichsleiter konzentriert sich auf seinen eigenen „Gartenzaun“, darauf, dass der eigene Bereich erfolgreich ist – oft durch Ziele und Boni verstärkt. Diese „Verantwortung für…“ erzeugt hoch fokussierte Experten, die innerhalb ihres Bereichs hervorragend funktionieren. Was fehlt, ist jedoch die „Verantwortung in Bezug auf…“ das größere Ganze. Dabei geht es um die horizontale Perspektive: Das Team als Führungsgremium mit gemeinsamer Verantwortung für das ganze Werk und über alle Segmente hinweg – nicht nur für einzelne Abteilungen.
Der Lösungsansatz: Gemeinsam Verantwortung definieren
Unser Beratungsprojekt setzte hier an: Zu Beginn hat die Gruppe intensiv die Frage der gemeinsamen Verantwortung dieses erweiterten Führungskreises diskutiert. Ab dann bearbeiteten der Werkleiter und die Segmentleiter in mehreren Workshops zentrale, übergeordnete Fragen. Sie klärten, welche Rolle ihr Werk im Gesamtkontext des Unternehmens spielen soll und wie die Organisation im Werk dafür aufgestellt sein muss. An realen Beispielen wie einem Werknotfall und der Budgetplanung übten sie, „vertikale“ und „horizontale“ Perspektiven zu unterscheiden, einzunehmen und darüber Entscheidungen zu treffen.
Zwischenergebnisse: Schritte in eine neue Verantwortungskultur
Die Segment- und Werkleiter konnten:
- zum ersten Mal seit Langem offen über die aktuellen und zukünftigen Anforderungen an das Werk sprechen,
- ein klareres Bewusstsein dafür entwickeln, wofür sie als Einzelne und als Team verantwortlich sind,
- ihre professionelle Rolle neu verstehen und erkennen, wie sie operativ, strategisch und hinsichtlich der Change-Kompetenz Verantwortung tragen, Schritte auf dem Weg zur Lerngemeinschaft machen, die nicht nur vertikal, sondern auch horizontal denkt.
Call4Action:
Verantwortung – Mehr als nur den eigenen Bereich führen
Dieses Beispiel zeigt deutlich: Verantwortung ist weit mehr als die reine „Pflicht“ im eigenen Bereich. Die nachhaltige Entwicklung und der Erfolg eines Unternehmens erfordern, dass Führungskräfte auch Verantwortung für das große Ganze übernehmen und lernen, übergreifende Entscheidungen im Sinne des gesamten Unternehmens zu treffen. Dies gelingt, wenn sie vertikale und horizontale Perspektiven ausbalancieren und ihre Expertise nicht nur für die Abteilung, sondern für den gemeinsamen Erfolg einbringen.
Für Führungskräfte heißt das konkret:
- Stellen Sie sich regelmäßig die Frage: Wofür übernehme ich als Teil eines Führungsteams Verantwortung, das über meinen eigenen Bereich hinausgeht?
- Trainieren Sie, in beiden Perspektiven zu denken und Entscheidungen zu treffen – der vertikalen und der horizontalen.
- Machen Sie es zu einer Praxis in Ihrem Team, sich gegenseitig herauszufordern und auch mal die „andere“ Logik ins Spiel zu bringen. So wird Ihre Organisation nicht nur flexibler, sondern zukunftsfähig und resilienzstark.
Mit dieser Haltung und Herangehensweise entsteht ein Führungskreis, der Veränderungen aktiv gestaltet – nicht nur für den eigenen Bereich, sondern für den Erfolg des gesamten Unternehmens.