In den pulsierenden Ökosystemen unserer Unternehmen und Behörden sollte die "Übernahme von Verantwortung" mehr als nur ein Modebegriff sein – sie sollte eine (Lebens-) Haltung sein.
Und diese Übernahme von Verantwortung wird tatsächlich aus mehreren Richtungen gefordert: einerseits wollen und brauchen Unternehmen mehr Mitarbeiterinnen, die aktiv und initiativ selbst Verantwortung übernehmen. Andererseits wird diese Möglichkeit zur Übernahme von Verantwortung auch immer stärker gefordert von gut ausgebildeten und entwicklungsbereiten Mitarbeitenden.
"Verantwortung übernehmen" - Was heißt das? Eine Verständniserweiterung.
Die Übernahme von Verantwortung auf Unternehmensebene wird noch oft verstanden als: "Die Freiheit, Entscheidungen von Bedeutung selbst zu treffen". Und gleichermaßen oft ist sie mit der Hoffnung verbunden, diese selbst getroffenen Entscheidungen dann auch umsetzen / durchsetzen zu können.
Vielleicht ist schon dieses Verständnis eine Illusion: Wir sehen in Unternehmen eine zunehmende Zahl an vernetzten Zusammenhängen und Problemen, die zwar an einem Ort auftauchen,- aber nur übergreifend gelöst werden können. Wir sehen, dass im Vorfeld einer erfolgreichen Produktentwicklung und Markteinführung vielleicht tausende von Entscheidungen zu Spezialwissen und Details getroffen werden müssen, welche ein Einzelner niemals überblicken kann. Und demnach auch nicht mehr die Verantwortung dafür übernehmen kann.
Vielleicht ist diese Art von Verantwortung verstanden als "Entscheidungsfreiheit" heutzutage nur noch in ganz seltenen Ausnahmesituationen gegeben.
Aber es gibt einen großen Bedarf an Menschen, welche die Verantwortung übernehmen, gemeinsam mit anderen Menschen heikle Probleme anzugehen und komplexe Herausforderungen zu lösen. Und diese Menschen sollten die Freiheit haben, alle zusammen zu trommeln, die es braucht, um zu diesen Themen wirklich starke, akzeptierte, tragfähige und umsetzbare Entscheidungen herbeizuführen. Und dann gemeinsam (!) die Entscheidung zu treffen und für deren erfolgreiche Umsetzung gemeinsam die Verantwortung zu übernehmen.
Was bedeutet dieser Verantwortungs-Begriff für meine eigene Professionelle Rolle?
Im Zusammenhang mit der eigenen Professionellen Rolle im Unternehmen ist demnach eher die Frage zu klären, ob wir als Rolleninhaber diese Art von Freiheit haben. Dies ist die eigentliche, die neue Ausstattung einer professionellen Rolle mit Verantwortung und Freiheit: Ob ich wichtige Themen bearbeiten kann, indem ich diejenigen an "einen Tisch" bringe, die etwas zu dazu beizutragen haben. Und dazu gemeinsam Lösungen zu entwickeln und diese umzusetzen.
Und nicht, wie viele einsame (Pseudo-)Entscheidungen eine Führungskraft getroffen hat.
Der halbe Weg zu mehr Verantwortung für mehr Mitarbeitende ist schon gegangen ...
Das Erleben und Praktizieren von Freiheit auf einer individuellen Ebene im Rahmen der Gesamtorganisation hat eine sehr viel "erdnähere" und umsetzbarere Qualität: Teilzeitarbeit, hybride Arbeitsplätze mit einem selbst bestimmbaren Anteil von Homeoffice, ein eigenes Weiterbildungsbudget … sind alles Ansätze, um bei Menschen die konkrete Erfahrung von Selbstwirksamkeit und Selbstbestimmung zu fördern.
Und jetzt mal ehrlich: die allermeisten erfahrenen Mitarbeitenden, die wir kennen, sind absolut in der Lage, sich selbst so zu organisieren und selbst zu managen, dass es gut zu ihren eigenen Bedarfen passt und gleichzeitig den Bedarfen und strategischen Anforderungen des Unternehmens Rechnung trägt. Diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wägen ab, wie eine gute Balance zwischen diesen beiden Lebensbereichen aussehen würde, - sie nehmen gleichzeitig Verantwortung für das Unternehmen und sich selbst wahr.
Im Sinne einer modernen Unternehmensführung ist es ganz sicher überlegenswert, die Regeln, Maßgaben und Vorgaben im Unternehmen nach dieser großen Mehrheit im Unternehmen auszurichten und nicht nach der kleinen Mehrheit, denen man vermutlich sowieso nur disziplinarisch Herr werden kann.
Personalentwicklung passiert hier en passent
Übrigens: Mehr echte Personalentwicklung zum Thema "Verantwortungsübernahme" kann es kaum geben:
Denn diese oben geschilderte Praxis von Rolle, Freiheit und Verantwortung führt zur Erfahrung von Handlungskontrolle und Selbstwirksamkeit im organisatorischen Kontext.
Und sie wird zu einem Kompass für effektives Handeln und gleichzeitig zur Gelegenheit für persönliche Entwicklung.
Außerdem kann dieses Verständnis (und die daraus folgende Entwicklung) ein wesentlicher Bestandteil einer Führungskultur sein, in der "Verantwortung" einer der konstruktiven Ziel-Werte ist.
Damit wird zum Schluss noch einmal dieser unauflösliche Zusammenhang deutlich zwischen Strategie, Struktur und Kultur. Auf diese drei Kern-Elemente der Unternehmensentwicklung wirkt die Ausgestaltung der individuellen professionellen Rolle systemisch ein.
Lesen Sie im nächsten Blog zum Thema "Rolle": Tools und Methoden